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Einbürgerung: Ausländerbehörde verhält sich despektierlich?

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am

Hallo liebe Community,

ich bin seit acht Jahren in Deutschland und habe vor Kurzem meinen Einbürgerungsantrag gestellt. Leider gestaltet sich der Prozess alles andere als angenehm, und ich frage mich, ob jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat oder mir vielleicht weiterhelfen kann.

Ein paar Hintergrundinformationen zu meiner Person: Ich bin 16 Jahre alt, Gymnasiastin in Bayern, seit 2015 in Deutschland, hatte bisher die EU-Staatsbürgerschaft, habe Deutsch in einem halben Jahr in einer Übergangsklasse gelernt und bin seit 2016 durchgehend auf einer regulären Schule. Nebenbei habe ich jetzt auch einen Minijob um meine Eltern finanziell zu unterstützen und mir hier und da auch mal was zu gönnen.

Vor einigen Monaten hatte ich ein persönliches Gespräch im Rahmen meines Einbürgerungsantrags, das teilweise sehr beleidigend war. Ein Mitarbeiter nahm sogar mein Zeugnis in die Hand und fragte mich über meine Noten aus. Er bezweifelte, dass mein Zeugnis echt sei. (Das Ganze hätte man auch durch einen Anruf an meiner Schule klären können, aber nein.) Darüber hinaus drängte er darauf, dass ich meinen Namen ändere, weil er angeblich nicht deutsch genug klinge.

Kürzlich erhielt ich einen Anruf von der Einbürgerungsbehörde, da sie noch einige Fragen hätten. Die gestellten Fragen bezogen sich darauf, inwiefern ich mich als integriert betrachte, was für mich eine vollkommen nachvollziehbare Frage ist. Allerdings wurde ich erneut überrascht, als ich gefragt wurde, warum ich keinen Deutschkurs machen wolle. Ich erklärte, dass ich im Alltag gut mit meinen Deutschkenntnissen zurechtkomme (ich besuche die 10. Klasse eines Gymnasiums und stehe auf einer 1 in Deutsch). Trotzdem wurde mir nahegelegt, zumindest die Deutschprüfung abzulegen, was für mich wenig Sinn ergibt, da ich sicher bin, dass mein Schuldeutsch einem höheren Niveau als B1 entspricht.

Donnerstag erhielt ich dann folgende E-Mail von der Einbürgerungsbehörde, die meine Verzweiflung noch verstärkte:

Sehr geehrte Frau x,

Wir haben Ihren Einbürgerungsfall genauer untersucht und möchten einige Aspekte mit Ihnen besprechen.

Obwohl Sie hier zur Schule gehen, sehen wir bisher nur begrenzte Beweise für Ihre Integration in die deutsche Gesellschaft. Um Ihren Fall gründlicher zu prüfen, haben wir beschlossen, ihn innerhalb der Behörde zu besprechen. Bitte beachten Sie, dass dies mehrere Monate dauern kann.

Des Weiteren ist uns aufgefallen, dass es einige Unsicherheiten bezüglich Ihrer Garantie als deutsche Staatsbürgerin gibt. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass wir bisher keine Beweise für eine langfristige Verbindung zu Deutschland, Ihr ernsthaftes Interesse an einer dauerhaften Integration und Ihr Engagement für die deutsche Gesellschaft gefunden haben.

Um Ihre Chancen auf eine Einbürgerung zu verbessern, legen wir Ihnen nahe, ernsthaft über den Verzicht auf Ihre ausländische Staatsbürgerschaft nachzudenken. Ein solcher Schritt würde zweifelsfrei Ihre Bereitschaft zur vollen Integration in die deutsche Gesellschaft unterstreichen.

Wir erwarten von Ihnen eine umgehende Stellungnahme zu diesen Angelegenheiten. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, weitere Schritte einzuleiten, die möglicherweise zu einer Ablehnung Ihres Einbürgerungsantrags führen könnten.

Mit freundlichen Grüßen,

Einbürgerungsbehörde Stadt x

Daraufhin habe ich mit folgendem geantwortet (musste kürzen, da es hier ein Zeichen-Limit gibt :))

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass meine derzeitige Minderjährigkeit mir die Möglichkeit versagt, auf meine x Staatsbürgerschaft zu verzichten. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen meines Herkunftslandes ist eine solche Entlassung vor Vollendung des 18. Lebensjahres nicht möglich.

In Bezug auf meine Integration in die deutsche Gesellschaft möchte ich versichern, dass ich ernsthaft bestrebt bin, ein integrierter Bestandteil dieses Landes zu werden. Dies zeigt sich nicht nur in meiner schulischen Laufbahn, sondern auch in meiner aktiven Teilnahme an einem deutschen Schachklub.

Meine Sprachenkenntnisse tragen ebenfalls zu meiner Integration bei. Deutsch beherrsche ich mittlerweile besser als meine Muttersprache. Diese Fähigkeit habe ich nicht nur in schulischen Kontexten unter Beweis gestellt, sondern auch mit meinem Engagement, wo ich als Dolmetscherin ab und zu neu zugewanderten Mitbürgern helfe.

Was meine sozialen Kontakte betrifft, bin ich stolz darauf, nicht nur ausländische, sondern auch viele deutsche Freunde und Bekannte zu haben. Unsere gemeinsamen Aktivitäten, sei es im Schachklub oder bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten, haben nicht nur meine sprachlichen Fertigkeiten, sondern auch mein Verständnis für die deutsche Kultur vertieft. Außerdem habe ich einen Job neben der Schule, der meine Integration weiter unterstützt.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht oder kann mir Tipps geben, wie ich mit dieser ungewöhnlichen Situation umgehen kann? Ich bin wirklich verunsichert und würde mich über jede Hilfe freuen.

Vielen Dank im Voraus!

 


 

Hallo liebe Gymnasiastin in Bayern,

sachlich kann ich leider nicht viel zu Einbürgerung in Bayern sagen. Ich habe selber Einbürgerungserfahrung und auch viele meine Freunde und Verwandte haben diese in unterschiedlichen Regionen gemacht. 

Ich kann Dir nur sagen, dass das Verfahren immer länger dauert und immer mehr Sachbearbeiter überfordert sind. Dies kann manchmal zu Frustration auf beiden Seiten führen. Viele von uns hatten hier und da ähnliche Situationen gehabt, wo wir dachten manche Sachbearbeiter wollen nicht, dass wir eingebürgert werden oder sie sind unfreundlich usw. Aber oft war es einfach Irrtum.

Und es gibt viele Anträge, Dokumente mit Fälschungen. Deswegen ist es nicht böse gemeint, wenn Sachbearbeiter alles gründlich prüfen. Das ist deren Job. 

Die Frage mit B1 finde ich absurd. Trotzdem wenn es Deine Einbürgerung beschleunigt, kannst Du freiwillig irgendwo eine B1 Zertifikat holen. Auch Namensänderungszwang darf Sachbearbeiter von Dir nicht verlangen. 

An Deiner Stelle würde ich weiter freundlich mit der Behörde kommunizieren und argumentieren, warum Du gut integriert bist. Man kann sich auch über Sachbearbeiter innerhalb der Behörde beschweren.  Ich kann mir mich vorstellen, dass Du eine Ablehnung bekommst aber für solche Fälle gibt es gute Anwälte.Das sollte aber die letzte Option sein. 

Viele Grüße aus NRW

R. Nawa

 

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Mo., 16. Oktober 2023 - 15:57

Das klingt ja eher wie ein rechtsnationaler Stammtisch, aber nicht wie eine Einbürgerungsbehörde. Falls es wirklich wörtlich so abgelaufen ist, wäre eine Beschwerde beim Vorgesetzten (bis hin zum Behördenleiter) naheliegend.

Also: Die Behörde ist an Gesetze und Vorschriften gebunden, und ich sehe da deutliche Verstöße.

Im Einzelnen:

  • Deutschkenntnisse: 
    Die "ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache" nach § 10 StAG (Absatz 1 Satz 1 Nummer 6) kann man entweder durch ein B1-Zeugnis nachweisen (Absatz 4 Satz 1), oder auch anders. Details dazu stehen in der Verwaltungsvorschrift zum StAG ("Vorläufige Anwendungshinweise"), die das Bundesjustizministerium herausgegeben hat. Laut Punkt 10.1.1.6 dieser Verwaltungsvorschrift sind unter anderem diese Sachen gleichwertig zu B1: 
    - vier Jahre Besuch einer deutschsprachigen Schule (mit erfolgreicher Versetzung), 
    - deutschsprachiger Hauptschulabschluss (oder höher),
    - erfolgreiche Versetzung in die zehnte Klasse einer deutschsprachigen Schule.
    Es reicht einer dieser Punkte. Und die Behörde darf das nicht verweigern, oder mehr fordern.
  • Integrationswille:
    Sprachkenntnisse oberhalb des in § 10 StAG (Absatz 1 Satz 1 Nummer 6) geforderten Niveaus (B1 oder schulisches Äquivalent) gelten allein bereits als "besondere Integrationsleistung" (Absatz 3 Satz 2), und können z.B. die Wartezeiten verkürzen. 
    Du brauchst zwar keine Zeitverkürzung, aber wenn du eine gesetzlich definierte "besondere Integrationsleistung" nachweisen kannst, ist der Vorwurf des "mangelnden Integrationswillens" faktisch gegenstandslos. In manchen Bundesländern gilt bereits die Note 3 in Deutsch (in den höheren Klassen) als "besondere Integrationsleistung", aber das steht nicht in der Verwaltungsvorschrift vom Bund. 
    Das Gesetz nennt bei den "besonderen Integrationsleistungen" weiterhin die insgesamt besonders guten schulichen Leistungen, und das ehrenamtliche Engagement (wozu die Verwaltungsvorschrift in Punkt 10.3.1. allerdings einen längeren Zeitraum verlangt, und die bloße Mitgliedschaft in einem Verein zur eigenen Freude reicht sicher nicht).
  • Aufgeben der bisherigen Staatsbürgerschaft:
    Hier habe ich nicht verstanden, was du mit "hatte bisher die EU-Staatsbürgerschaft" meinst. Man hat die "EU-Staatsbügerschaft" nur durch die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes. Diese Staatsbürgerschaft musst du nicht aufgeben, und die Behörde darf es nicht verlangen. Das ergibt sich aus dem EU-Recht, umgesetzt in § 12 StAG (Absatz 2), bekräftigt in der Verwaltungsvorschrift unter Nummer 12.2.
  • Vorwurf der Fälschung des Schulzeugnisses:
    Hier wirft dir der Beamte faktisch mehrere Straftaten vor (u.a. Täuschung, Urkundenfälschung, Versuch des Erschleichens der Einbürgerung). Falls er das wirklich so gesagt hat, und nicht SEHR GUTE Gründe zu dieser Annahme hat, begibt er sich selbst auf sehr dünnes Eis. Wie schon gesagt: Beim Vorgesetzten beschweren.

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Di., 17. Oktober 2023 - 20:22

Ist das jetzt eigentlich ein reales Erlebnis, oder eine Übertreibung, oder eine Erfindung?

Zu den Unstimmigkeiten gehört u.a. die durchgehende Ignoranz des Beamten gegenüber seinen eigenen Vorschriften. Nicht plausibel ist auch die Formulierung, den Fall "innerhalb der Behörde zu besprechen". Der Beamte kann den Vorgang vielleicht weitergeben oder zurückgeben, aber er kann eine solche Entscheidung nicht einfach an eine Gruppe delegieren.

Was die "Garantie als deutsche Staatsbürgerin" sein soll, ist auch nicht klar. Jedenfalls ist das kein üblicher Begriff aus dem Ämter- und Gesetzesdeutsch. Und die Drohung mit den "weiteren Schritten", falls die "umgehende Stellungnahme" nicht erfolgt, benötigt eine Fristsetzung, eine rechtliche Grundlage und eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Die Aufforderung zur Änderung des Namens ist ein deutlicher (und inakzeptabler) Eingriff in die Privatsphäre und persönliche Selbstbestimmung. (Nebenbei gesagt ist ein "deutsch klingender Name" eh kein Merkmal der Integration). Der Beamte hat es zwar (anscheinend) unter vier Augen gesagt, aber falls er so etwas öfters sagt und es mal jemand beweisen kann, sollte er um seinen Job fürchten.

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Di., 17. Oktober 2023 - 23:38

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