Ist die Arbeit bloß nur Arbeit..., muss die Arbeit uns bloß ernähren, gut versorgen, unsere Primär-Bedürfnisse decken..., mehr nicht...? Diese und viele andere Fragen in Bezug auf das Thema „Beruf, Arbeit“ stelle ich mir seit langer Zeit. Dieses Thema ist für mich besonders jetzt aktuell geworden. Ich stehe zur Zeit vor der wichtigen Entscheidung: soll ich in meiner verzweifelter Lage auf irgendwelche Fabrik arbeiten gehen oder soll ich weiter in meinem Traum schlafen namens „Hoffnung“, Hoffnung, dass ich mal Glück habe und werde dort arbeiten, wo ich mich wohl fühle, wo ich gerecht meinen Arbeitsplatz verdiene, wo ich meine Talente und Fähigkeiten verwirklichen kann, wo ich nicht nur beruflich, sondern auch als Persönlichkeit wachsen kann. Wachsen, nicht degradieren!
Es sind schon mehr als drei Jahre, dass ich hier in Deutschland arbeitslos bin. Als ich mich vor vier Jahren kopflos in einen deutschen Mann verliebt hatte, beschloss ich später, ohne ein einziges mal zu zweifeln, zu ihm umzuziehen. Ich war sehr glücklich, meinen Traummann gefunden zu haben und nur das zählte. Ich konnte gut Deutsch, denn ich bin eine Deutschlehrerin nach meinem ersten Diplom, also müsste es in fremdem Land schon wenigstens sprachlich bedient leichter gehen, sich leichter in die deutsche Gesellschaft integrieren. So dachte ich damals..., aber in Wirklichkeit kam zu so vielen Enttäuschungen in diesem Land, dass ich von Tag zu Tag an meinem Selbstbewusstsein verlor; ich wurde immer mehr depressiv und apathisch.
Als ich aus meiner Heimat von Weißrussland, nach Deutschland umgezogen war, brauchte ich natürlich einen Job, aber nicht nur um Geld zu verdienen, um meinem liebevollen armen Mann, der wenig verdient, eine kleine finanzielle Unterstützung zu leisten, sondern auch um sich beruflich zu entwickeln, um sich vielseitig verwirklichen zu können. So wünschte ich mir damals..., aber leider, leider läuft das Leben oft gerade im Gegensatz zu dem, was man sich wünscht. Ich bekam natürlich so einen Job nicht, so wie viele andere ausländische Frauen hier. Ich bekam so gar keinen Ausbildungsplatz, egal wie viele ich unzählige Bewerbungen geschrieben habe und wie viel ich zu Bewerbungen übersetzte Unterlagen beigelegt habe, interessierte es wohl den Arbeitgeber, den Ausbildenden nicht. Ich bin bloß billige unqualifizierte Arbeitskraft für die Deutschen. Ich hatte leider falsche Fächer in meinem Land studiert, Deutsch und Psychologie für Lehramt, damit kann man hier als Ausländerin nichts anfangen und ich beanspruche es auch nicht, ich bin so gar mit der Ablehnung von Anerkennung der Diplome und so gar des Schulabschlusses teilweise einverstanden, denn die Unterschiede in Bildungswesen zwischen West und Osteuropa ziemlich groß und deswegen wäre das in meinem Fall so gar gerecht, dass mir nichts anerkannt wurde. Aber darum geht’s bei mir nicht. Ich bin niemandem böse, dass ich nach Diplomen hier nicht arbeiten kann, ich akzeptiere es, aber ich bin total verärgert, dass die deutsche Regierung, deutscher Gesetzgeber in so vielen Jahren nichts unternommen hat, um den gut ausgebildeten, hochqualifizierten Zuwandrern, vor allem trifft das Frauen an, den Integrationsweg zu erleichtern, denen gute Arbeitsmöglichkeiten anzubieten. Warum mischt sich die Staat bei diesen wichtigen Angelegenheiten nicht? - das ist die Frage, auf die ich mal gerne Antwort haben wollte. Die Einwandereranzahl nimmt mit Jahren immer mehr zu, aber wozu? Um ganzer Welt zu demonstrieren, Deutschland hätte Mitleid mit den Flüchtlingen und vielen anderen Migranten aus Drittwelt? Oder um sich billige Arbeitskraft zu holen? Für den Lohn, den Arbeitgeber einem deutschen Mitarbeiter zu zahlen gezwungen ist, kann er sich gleich drei oder vier ausländische Mitarbeiter anstellen, sie werden schon darüber happy, dass sie viel mehr im Vergleich zu Heimatland verdienen. Wenn der ausländische Mitarbeiter damit zufrieden ist, wenn er Besseres nicht erwartet, wenn er auch nach seiner Ausbildung nichts anders anbieten kann, dann ist doch alles ok, alle sind glücklich, der kapitalistische Arbeitgeber und sein treuer Sklave, der für jeden Lohn zu arbeiten bereit ist. Ob die Moral dabei verloren geht, muss sich die kapitalistische Gesellschaft mal Gedanken machen... Ich persönlich bin aber damit nicht einverstanden. Ich habe meinen menschlichen Stolz trotz vielen erniedrigenden für mich Situationen hier nicht ganz verloren. Ich weiß meine Wert und nur weil in meinem Land, die Lehrer oder so gar Ärzte, zum Beispiel, weniger verdienen als hier in Deutschland eine Putzfrau, heißt das noch gar nicht, ich würde vor Freude springen, wenn ich mal hier eine Putzstelle oder noch irgendwelchen nicht weniger demütigen Job bekomme. Ist doch Schwachsinn! Dann lieber sterbe ich vor Hunger, aber sterbe als Mensch und nicht als armes bettelndes Tier. Ja, verhungern als Protest ist auch keine Lösung und von dem Stolz werden wir auch nicht satt, sagen Sie, aber der Gedanke, einfach irgendwohin zu gehen und nach dem Job zu betteln, macht mich total deprimiert. Je weiter ich mir dieser Entscheidung zögere desto schwieriger wird mir später gehen und das weiß ich gut. Es ist einfach zum Weinen zu erfahren oder direkt zu sehen, wenn eine Ärztin oder Krankenschwester aus Osteuropa hier in Deutschland vor Verzweiflung die Krankenhäuser putzt. Wenn ich davon meiner Schwägerin, die auch eine Hausärztin ist, erzähle, staunt sie nur, wie eine Ärztin ihren weißen Kittel, so zu sagen, auf Putzuniform wechseln kann?! „Egal, welchen hohen Lohn sie mir dafür anbieten würden, ich würde nie in meinem Leben so niedrig fallen während ich diese Stelle annehme, ich verdiene lieber weiter meine 100 Euro pro Monat, aber dafür tue ich was Wichtiges, ich helfe den Menschen, ich erfülle meine Bestimmung. Ich habe nicht dafür jahrelang hart studiert und gearbeitet, um fremde Länder zu reinigen“, – sagte sie mir völlig entschlossen bei einem Skype Gespräch. Und meine Schwägerin hat doch Recht, aber leider, wie ich schon gesagt habe, läuft das Leben nicht immer nach dem Plan, und oft müssen wir damit konfrontieren, womit wir überhaupt so gar in schlimmsten Albträumen nicht gerechnet haben. Die ausländische Frauen, die hier aufgeben und auf dem Arbeitsmarkt einfach das nehmen, was am schnellsten, anspruchslos zu kriegen ist, verstehe ich sehr gut. Ich kann mir noch leisten, zu überlegen, zu suchen, zu hoffen, weil ich keine Kinder habe und damit keine besondere Verantwortung trage. Ich bin völlig auf meinen Ehemann angewiesen und er verdient zwar wenig, aber wir überleben, wir leben sehr bescheiden, aber uns beiden reicht es noch aus. Vielen anderen Migrantinnen geht es aber viel schwieriger, sie haben meistens Kinder und denen bleibt nichts anders übrig, als einfach irgendwo arbeiten zu gehen, egal wohin, hauptsächlich ein Job und sie können damit ihre Kinder versorgen. Es ist traurig, aber das ist die Realität.
Die Berufung, die Bestimmung, gibt’s sie wirklich oder hat die Menschheit sie bloß im Laufe der Zeit erfunden? Ist es nicht leichter, sich darüber keine Gedanken zu machen, einfach leben, wie es gerade Leben läuft, einfach aufstehen, arbeiten fahren, nach Hause kommen, essen, Fernsehen schauen, schlafen. Eigentlich läuft doch so Alltag von vielen Menschen, nicht wahr. Es klingt zwar sehr langweilig, monoton, aber das ist ganz normaler Lauf der üblichen täglichen Dinge. Und wenn wir gesund sind, wenn wir auf der Arbeit, die meiste unsere Zeit des Lebens nimmt, nicht nur bloß Roboter sind, sondern wir haben auch Spaß, sie bringt uns Zufriedenheit und Perspektive zu weiterer Entwicklung, dann läuft doch alles perfekt, was kann man sich noch mehr wünschen! Aber ist Ihr Leben so? Sind Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden? Arbeiten Sie nach Ihrer Berufung, realisieren Sie Ihre Talente, ihr Kompetenz da? Wenn ich meinen Mann anschaue, was er für ein Job macht, dann kommen mir ab und zu Tränen im Gesicht, denn nach seiner angeborenen Talenten und seinem großem Spektrum von technischen Kenntnissen könnte er perfekter, zum Beispiel, Programmist oder Rennwagen Tuner oder Tester werden, er könnte ein ausgezeichneter Wissenschaftler in Bereich z.B. Astrologie werden. Aber nein, leider war das Leben zu ihm hart gewesen; er musste in einer Familie aufgezogen werden, wo kein Verständnis zu seiner Neigung zu Technik gezeigt wurde, wo das kleine technische Genie von eigenem Vater schon dafür gehasst wurde, dass er als Junge zu Welt gekommen war und nicht als erwünschtes Mädchen, wo Passivität des Kindes, das vor Neugier die technischen Geräte außereinander genommen hatte, die geforscht hatte, das von Natur aus ein eingeborenes phlegmatisches Temperament besitzt, ständig bestraft worden war. Das Kind hatte keine Lust, in die Schule zu gehen und ich würde auf seiner Stelle auch dorthin nie gehen wollen, denn er wurde da von seinen frechen armseligen Schulkameraden in der Pause geprügelt und keiner hat sich für ihn eingesetzt, keiner hat ihn beschützt. Seine eigene Mutter statt was dagegen zu unternehmen, meinte damals, er solle lernen, sich selbst zu verteidigen, wenn er geschlagen wird, dann muss er auch zurück schlagen. Wie konnte ein Kind das selbst tun, wenn er nicht aus der Sorte dieser frechen unerzogenen dummen Jungs gewesen war, er war einfach ein intelligente Junge, der alle Konflikte versuchte entweder zu vermeiden oder friedlich zu lösen, mit dem Kopf und nicht dem Faust. Und warum muss man dann den Kindern gleich Prügelei beibringen, wenn sie von anderen beleidigt wurden?! Ist das Prinzip, nach dem sich viele Eltern richten, wenn ihre Kinder in ähnliche Situationen geraten?! Eine Schande ist das für Eltern! Keine Mutter ist wirklich eine Mutter, wenn sie nicht im Stande ist, ihr eigenes Kind zu beschützen! So gar manche entwickelte Arten von Tieren beschützen ihre Sprösslinge! Ich erzähle Ihnen gleich von einem Beispiel, wo eine Mutter ihre Muttergefühle, ihr Mutterinstinkt deutlich demonstrierte. Und diese Mutter ist meine Mutter.
Ich war noch nicht auf die Welt gekommen. Es geschah lange vor meiner Geburt. Mein ältester Bruder wuchs in vielen Momenten sehr ähnlich, wie mein heutiger Ehemann, auf. Er war zwar kein phlegmatisches Kind, eher cholerisches, aber er war ein sehr kultivierter, gut erzogener schüchterner Junge, der wie mein Mann, die blöde unnötige Prügelei vermeidet hat. Da er auch ein sehr charmanter und fleißiger Junge war, war er bei allen Lehrern sehr beliebt, dafür aber wurde er bei einigen Mitschülern nicht beliebt. Denn Motto vielen Jungs lautet: „je schlechter, je frecher man sich benimmt, desto cooler“. Alle, die sich als gute schlaue Schüler gelten, zählen zu Feinden und müssen vernichten werden, am besten mit Demütigung und voller Schmerz. Solche Jungs mit problematischem Ego, das meistens so klein ist, dass durch Erniedrigung des anderen teilweise kompensieren kann, versuchten meinen Bruder schon mehrmals einzuschüchtern, so gar Geld von ihm verlangen und alles Mögliches, aber mein Bruder blieb hart und hoffte nur, dass die Jungs mit diesem Unsinn irgendwann aufhören, also sagte er nie was den Eltern davon, bis..., bis eines Tages er nach Hause mit offensichtlicher Verletzung im Gesicht kam. Dann musste er schon alles beichten, was alles los war. Zu Hause war an jenem Tag meine Mutter, Vater war am arbeiten. In par Minuten ohne lange zu überlegen voll von Wut rannte sie zur Schule, um dieses Fall zu klären. Das war der letzte Schultag vor den Sommerferien und alle Schüler dieser und mancher älterer Klasse haben sich in der Sporthalle zusammen mit Lehren gesammelt, um lange, nutzlose Abschlussreden vorzutragen. Es war doch kommunistische sowjetische Zeit damals, die Zeit der Pionieren und ihrer Schwüre. Als meine Mutter wütend in die große Halle hineinrannte, wurde auf ein mal da ganz still. Meine Mutter fand ziemlich schnell mit den Augen den Schuldigen, den Jungen, der ihren Sohn mit drei anderen Schülern, die seinem Befehl immer folgten, heute hinter Schulhof geprügelt hat, sie kannte ihn gut, denn die andere Mütter beschwerten sich bei Lehrern über ihn schon seit langer Zeit, aber es half nichts; sie ging sehr entschlossen zu ihm, ohne auf verwundertes Publikum mit der Frage, was sucht sie hier, zu achten, und als sie vor ihm stand, Augen in Augen zu schauen, begann dieser Junge, hinter frechen, groben Fassade dessen nur eigene Angst und Unsicherheit versteckte, zu zittern. „Das ist für meinen Sohn, du blöder kleiner Mistkerl! – sagte sie wütend während sie ihm voller Kraft eine Ohrfeige gab, - Und wenn du jeweils noch ein mal nur mit Finger meinen Sohn berührst, dann breche ich dir persönlich alle deine Knochen und lasse dich leiden, so leiden, dass du bei mir um Tod betteln wirst!“ – setzte meine Mutter mit ihrer angstanjagenden Stimme fort. Das Gesicht des Jungen brannte vor heftiger Ohrfeige stark, aber wahrscheinlich nicht nur deswegen, ihm war zu peinlich diese Situation, vor allen seinen Klassenkameraden und Lehren wurde er als Schwächling, als voller Trottel dargestellt, er wurde von einer Frau geschlagen und dafür wird er für immer von anderen ausgelacht und das war die Absicht von meiner Mutter; sie wusste, dass der beste Weg, jemandem Gute Lehre für seine böse Taten zu erteilen, ihn vor vielen Menschen als Verlierer darzustellen. Und das hat ihr gut gelungen, denn nach jenem Fall hatte der Junge Angst ihren Sohn nicht nur anzupacken, sondern so gar nur in seine Richtung zu schauen, falschen Blick auf meinen Bruder zu werfen. Es stellte sich später heraus, dass der freche Junge von seinem Vater oft geprügelt wurde und so versuchte er sich in der Schule durch Fausteinsetzen zu revanchieren, er konnte noch nicht den Wut und Ärger beim Vater ablassen, so suchte er sich in der Schule die Opfer, die ihm schwächer als er erschienen. Nach einiger Zeit wurden mein Bruder und dieser Junge erstaunlicher weise so gar Freunde und seit jener Zeit hatte der Junge größten Respekt vor meiner Mutter, er hat seine Lehre verstanden. Er wünschte sich, seine eigene Eltern würden ihn so lieben und bereit sein, ihn zu beschützen. Leider war es bei ihm nicht der Fall, denn die Mutter so wie Vater belehrten ihn seit Kindheit, er solle der Stärkste sein, er solle gleich schlagen, wenn ihm bedroht wird. Totaler Absurd! Meine Mutter verstand das gut, sie wusste genau, welches ihr Kind (und sie hat sie fünf) sich selbst beschützen kann und welches ihren Schutz braucht. Die Kinder sind verschieden von ihrer Natur aus, sie entwickeln sich sehr unterschiedlich und das muss man verstehen und respektieren. Aber zurück zum Thema Berufung.
Ich habe nicht einfach so meinen Mann und seine familiäre Situation in der Kindheit erwähnt, denn sein Beispiel, wie sein Schicksal verlaufen hat, zeigt uns deutlich, dass sein Leben, sowohl privates als auch berufliches, ganz anders abspielen könnte, hätte er nur andere Eltern gehabt, Eltern mit Liebe und Verständnis, mehr ist nicht verlangt. Sein ganzer Berufsweg würde bestimmt anders verlaufen, hätten seine Eltern in ihm rechtzeitig die Gabe zu Technik gemerkt haben und den Sohn auf dem weg zu seinem Traum, zu seiner Berufung unterstützt haben. Aber nein, es war einfacher zu behaupten, ihr Sohn sei ein fauler Hund, ein Schwächling, der sich für Sport nicht interessierte. Und in meinem Mann steckt so viel Potential, das sehe ich sehr gut, das fällt auch allen seinen Freunden auf. Und ich biete ihn wenigstens jetzt, es ist noch nicht zu spät, ein Fernstudium neben Job anzufangen, aber vergebens, er hat keine Lust und Zeit dafür, man müsste in seinem Fall noch Realschul- oder Gymnasiumabschluss nachzuholen und vielleicht vieles anderes, worauf er mit seinen 44 Jahren echt schon keine Lust hat und vor allem glaubt er an sich nicht, er würde es schaffen, zu lange wurde ihm angeredet, er sei zu faul und dumm...
Ich habe meine Berufung auch noch nicht gefunden, ich weiß zwar meine starken Seiten, aber ich weiß nicht, in welchem Job ich die präsentieren könnte und wie ich auf diesen Job hier in Deutschland komme, bestimmt braucht man dazu eine Ausbildung, aber ich kriege keinen, so gar in denen Bereichen, die überhaupt nicht meine sind, oder man braucht deutsches Studium Abschluss. Aber ich habe schon in Deutschland studiert, ich habe zwei Semester ausgehalten, danach sagte ich mir, so geht nicht weiter, ich mache mich nur noch mehr kaputt, den das Studium, was ich hier begonnen habe, Deutsch und Kunst für Lehramt zu studieren, hat mir so viel Stress bereitet wie nie ein Studium oder Ausbildung in meinem Leben aus meiner Heimat; ich will jetzt nicht auf Details gehen, aber in Großem und Ganzem habe ich genug Chaos, Desorganisation und erniedrigende für mich Momente an der deutschen Uni erleben müssen. Eine total liberale, mehr schon nach Anarchismus stinkende Bildung habe ich hier empfunden. Wie gesagt, zu sehr unterscheiden sich unsere Bildungswesen; mit deutschem Hochschulsystem bin ich nicht klar gekommen. Also, alles oder fast alles, was man in diesem Land ausprobieren kann, um eigenen Weg zu gehen, habe ich schon bereits gemacht, mehr weiß ich nicht, ich bin an dem Punkt gekommen, wo ich schon keinen Ausweg sehe, wo ich verzweifelt an die Fabrik oder noch irgendwelches schwarzes Loch denken muss, da muss ich hin und da werde ich mein restliches ganzes Leben arbeiten müssen, vielleicht was sortieren oder verpacken, blöd von einer Kiste zu anderer was umlegen, für anderes, scheint so zu sein, bin ich in diesem Land nicht fähig. Ich bin verloren, aber wenigstens für meinen Mann wünsche ich so sehr, dass er eines Tages seiner Berufung nachgehen kann.
„Bitte, Gott, hilf meinem Mann, einen Job näher zu seiner Berufung zu bekommen, wo er sich wohl fühlen wird, wo er seine Fähigkeiten einsetzen könnte, wo ihm Arbeit viel Spaß machen würde, wo er vor allem kein Stress hätte, wenigstens nicht so viel, wie er auf seiner heutigen Arbeit in Call-center hat, bitte, ich bitte dich. Du siehst selbst, wie schlau der Junge ist, wie viel in ihm Potenzial steckt. Hilf ihm bisschen, er hatte genug in seinem Leben gelitten, aus irgendwelchem geheimen Grund hast du ihn in die Familie geschickt, wo er nicht geliebt wurde, wo er sich nicht entwickeln könnte, aber bitte lass ihn wenigstens jetzt das Leben genießen, lass ihn was Sinnvolles für ihn selbst und für uns alle machen, bitte, ich wünsche mir vom Herzen, dass er in seinem Job glücklich ist“, - flüstere ich ganz leise während ich meine Geburtskerzen auspuste.
Ich wünsche Ihnen allen, meinen Lesern, alles Gute auf dem Weg zu Ihrem Glück. Und wenn der Glück, sich mal beruflich wachsen zu können, bei Ihnen wie bei mir gescheitert hat, dann wünsche ich Ihnen herzlich, dass Sie ihren Pech in einem durch Glück in anderem gut balancieren können, z.B. sich als glücklicher fürsorglicher Familienmensch erweisen. Man kann nicht alles haben, also müssen wir mal Kompromisse mit dem Leben schließen und dem gehorsam folgen, so wie es gerade ist. S’est la vie! Es tut weh, besondere für stolze Menschen, wie ich, aber so sind die Regeln. Entweder rudert man mit Fluss oder gegen, zu lange gegen – erschöpft uns irgendwann und wir werden gezwungen, aufzugeben, aber Versuch wert. Man soll versuchen, damit man später nicht bereut, dass man nichts für eigenen Glück unternommen hat.
Alles Gute, meine Lieben!
In Liebe,
Ihre Tatjana