Sivan Perwer: Durchs milde Kurdistan
STADTMENSCHEN VON DUYGU ÖZKAN (Die Presse)
Der kurdische Musik-Star Sivan Perwer traf im Konzerthaus auf ein klassisches Ensemble. Doch Politik blieb dabei nicht ganz ausgeklammert.
Karl May's Buch "Durch Wilde Kurdistan" ist sehr berühmt aber Karl May war nie in Kurdistan. Denn wäre er dort gewesen, würde er das Land nicht als ,wild‘ beschreiben, sondern als ,mild‘. Genau so, wie die kurdische Musik es auch ist.“
Mit diesen Worten eröffnete der Veranstalter Ali Gedik Samstagabend ein ungewöhnliches Konzert im Wiener Konzerthaus. Der kurdische Sänger Sivan Perwer traf mit seinen Musikern auf das klassische Ensemble Wien Klang. Die beiden Musikrichtungen auf eine Bühne zu bringen war nicht leicht, wie der in Linz lebende kurdische Komponist Dalshad Said feststellte – er musste die „europäischen“ Halb- und Ganztöne mit den „orientalischen“ Vierteltönen verbinden.
Begonnen wurde zwar mit Beethoven, fortgesetzt wurde das Konzert aber mit den kurdischen Liedern von Perwer: Das klassische Orchester wurde begleitet vom kurdischen Orient-Ensemble. Perwer sang dazu auf Kurdisch und wurde dabei unter anderem vom Chor der Wirtschaftsuniversität Wien unterstützt.
„Eine derartige Ost-West-Synthese hat es noch nie gegeben“, sagte Perwer. Der Musiker lebt nun schon seit mehr als 30 Jahren im europäischen Exil: Obwohl es verboten war, sang er auf seinen Konzerten in der Türkei auf Kurdisch und wurde deswegen verhaftet. 1976 flüchtete er über Syrien und Libanon schließlich nach Deutschland. Seitdem ist er rastlos durch Europa und Amerika unterwegs. In der Türkei wurden seine Kassetten und CDs heimlich weitergegeben und gehört. Als bekanntester kurdischer Sänger wurde er so zur Galionsfigur gegen die Unterdrückung von Kurden in der Türkei und im Nahen Osten.
Moderiert hat den Abend neben Perwer Willi Resetarits, Ex-Ostbahn Kurti und als Burgenlandkroate ebenfalls Teil einer Minderheit. Resetarits und Perwer sind seit ihrem ersten gemeinsamen Konzert im Burgtheater 2004 bereits mehrere Male zusammen aufgetreten. Es war auch bei ihrem ersten gemeinsamen Konzert, als der damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer Resetarits kurzerhand den Spitznamen „Ostbahn Kurdi“ verlieh.
Mittlerweile Bundespräsident, war Fischer auch diesmal dabei: Er habe dem Ostbahn Kurdi keinen Korb geben wollen. Bei seinen Begrüßungsworten knüpfte Fischer an seine Wiederkandidatur als Bundespräsident an: Wie auch im YouTube-Video, in dem er seine Kandidatur bekannt gab, betonte er hier die Wichtigkeit des „Brückenbauens“.
Doch Fischer kam nicht nur wegen der Brücken. Er kam auch wegen eines anderen Gastes, den er „schon seit dreißig Jahren“ kenne: Masud Barzani, Präsident der autonomen Region Kurdistan im Irak. Beide winkten lächelnd von der Loge.
Ein anderer hochrangiger Gast wurde nicht durchwegs freundlich aufgenommen: Dengir Mir Mehmet Firat, kurdischer Abgeordneter der konservativen türkischen Regierungspartei AKP. Mit Buhrufen erinnerte das Publikum ihn daran, dass sein Engagement in der islamischen AKP von den Kurden nicht gern gesehen wird. Zwar bemüht sich die AKP um kurdische Stimmen. Aber, so der Vorwurf, man widme sich dem Thema nur oberflächlich.
Überhaupt war der eigentliche Star des Abends ein ganz anderer: Ahmet Türk, Parteichef der im Dezember in der Türkei verbotenen prokurdischen DTP. Weil Verbindungen zur terroristischen PKK vermutet wurden, wurden Türk und seine Parteikollegen ihrer Ämter als Abgeordnete enthoben. Somit wurde der Politiker über Nacht zum Helden stilisiert. Nach dem Konzert ließ er sich bereitwillig fotografieren und nahm ermutigende Worte vom Publikum entgegen. Er sei gekommen, weil der Name von Perwer als Synonym für Frieden und Toleranz stehe.
Perwer selbst tritt gern in Österreich auf, wie er sagt. Hier habe er seine besten Konzerte gegeben: 1993 in Dornbirn und 2004 im Burgtheater. Speziell Wien sei eine kunstliebende Stadt – nur hier könne ein derartiges Konzert erst entstehen.
ZUR PERSON
Sivan Perwer wurde 1955 in der Türkei geboren. Weil er auf Kurdisch sang, wurde er dort verhaftet. Seit 1976 lebt er im Exil und gilt als Galionsfigur der Kurden. Mit Willi Resetarits gibt er seit 2004 öfter Konzerte.
Şivan Perwer mit bürgerlichem Namen Ismail Aygün (* 23. Dezember 1955 im Dorf Sori bei Viranşehir/Şanlıurfa) ist ein kurdischer Sänger, der heute in Deutschland in Frankfurt am Main lebt. In seinen Liedern besingt er die Landschaft Kurdistans, historische Themen und Traditionen ebenso wie das Schicksal der Kurden in der Türkei, dem Irak, Syrien, Iran und Russland.
Perwer studierte Mathematik. Seine ersten künstlerischen Erfolge hatte er Anfang der 1970er Jahre. Diese Zeit war begleitet von der Bedrohung durch Organe des türkischen Staates und der Herrschaft des Militärs. In diese Zeit fallen seine ersten öffentlichen Konzerte, wo er bereits vor 30.000 Menschen sang. Obwohl es verboten war, sang er auf seinen Konzerten auf Kurdisch, weswegen er auch verhaftet wurde. Er versuchte vergebens, nach Schweden zu emigrieren. 1976 kam er nach Deutschland, wo er in Köln lebte und seine Frau Gülistan heiratete. Hier gab er auch Konzerte. In Deutschland wurde sein Sohn Serxwebun geboren. 1983 beantragte er erneut Asyl in Schweden, da die deutschen Behörden seiner Frau keine Aufenthaltserlaubnis gaben. aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Alben
* Govenda Azadixwazan (1975)
* Hevale Bar Giranim (1976)
* Herne Pes (1977)
* Ey Ferat (1978)
* Kine Em (1979)
* Hay Dil (1980)
* Gele Min Rabe (1981)
* Agiri (1982)
* Bilbilo / Ferzê (1983)
* Dotmam (1985)
* Lê Dîlberê (1986)
* Helebçe (1988)
* Xewna Min / Qasimlo (1991)
* Zembîlfiros (1992)
* Ya Star (1995)
* Oy Kurdistan Welatemin Kurdistan (1996)
* Naze (1996)
* Heviya Te (1999)
* Roj û Heyv (2000)
* Sarê (2001)
* Helbestên bijartî yên 1 /Kirîvê (2002)
* Helbestên bijartî yên 2/Klasîk (2003)
* Helbesten Bijarti yên 3 (2004)
* Min bêriya te kiriye (2004)
Ich mag Shivan Perwer aber nicht immer wie er redet!