Was denkt ihr über Umweltaktivisten , die sich "Letzte Generation" nennen.
Sind sie kriminell für euch?
Was denkt ihr über deren Aktionen?
Störende Aktionen nerven…
Störende Aktionen nerven. Aber alle Freiheiten, die wir jetzt haben hat man damals mehr oder weniger durch störenden Aktionen bekommen. Aktivisten wurden damals als kriminelle bösartige Menschen behandelt. In der Medien hat man sie sogar als unmenschliche Schädlinge behandelt.
Letzte Generation wird an Europawahl 2024
Letzte Generation wird an Europawahl 2024 teilnehmen. Vielleicht werden wir die Letzte Generation wählen. Wir tauschen noch aus.
Gegen wen richten sich denn eigentlich die Klebeaktionen?
Natürlich richten sie sich gegen Menschen, die mit dem Auto durch die Gegend fahren, obwohl sie die S-Bahn oder das Fahrrad benutzen könnten. Sie richten sich aber z.B. auch gegen den Handwerker, der jetzt den Kundentermin verpassen wird, und gegen den "Paketsklaven", der seine Tour nicht durchziehen kann und deshalb noch weniger Geld verdient.
Die "Letzte Generation" gibt an, sie wolle die gegenwärtige Regierung zu einem bestimmten Handeln zwingen. Ein Sturz der Regierung ist offenbar nicht das Ziel. Jedoch entsteht bei vielen Menschen eine Unzufriedenheit mit der Regierung eher deshalb, weil sie diese Störungen nicht entschieden genug bekämpft. Diese Entwicklung halte ich für gefährlich.
Sowohl die Partei "Bündnis 90 / die Grünen" (Ex-Ministerin Künast, Parlamentarische Geschäftsführerin Mihalic) als auch "Fridays for Future" (Sprecherin Rittmann) haben in der letzten Zeit die Klebeaktionen kritisiert, unter anderem weil sie die Menschen "auf Kontra" bringen, wodurch dem gemeinsamen Ziel geschadet statt geholfen würde.
Differenzierte Betrachtung
In einer gemeinsamen Erklärung mehrerer bedeutender Umweltverbände (darunter Greenpeace, BUND, Nabu und WWF) vom November 2022 fand ich den Versuch, das Für und Wider solcher Protestformen sachlich abzuwägen. Um Verfälschungen zu vermeiden, zitiere ich hier eine längere Passage. Die Hervorhebungen sind von mir.
"[...]
Angesichts der Dimension der Klimakrise sind die Sorgen und Proteste insbesondere vieler junger Menschen nachvollziehbar. Es ist verständlich, dass Menschen zu zivilem Ungehorsam greifen, um so ihre heutigen und künftigen Freiheitsrechte zu verteidigen. Ziviler Ungehorsam gehört zur Demokratie und ist oft ein Treiber für progressive, gesellschaftliche Fortentwicklung gewesen: Das Ende von Kolonialismus, Apartheid und rassistischen Gesetzen, das Frauenwahlrecht und der Atomausstieg - all diese gesellschaftlichen Veränderungen sind ohne Aktionen zivilen Ungehorsams kaum denkbar. Diese Aktionen waren immer unbequem und müssen es auch sein.
Klar ist, dass ziviler Ungehorsam gewissen Regeln und Normen folgen muss: Von ihm dürfen weder Gewalt noch Sachbeschädigungen ausgehen und er muss alles für die Sicherheit von Beteiligten wie Unbeteiligten tun. Aktivist*innen müssen mit offenem Gesicht für die Aktionen einstehen. Und mit ihm muss eine grundsätzliche Anerkennung der Verfasstheit demokratischer Entscheidungswege und aller rechtlichen Konsequenzen einhergehen.
Gleichzeitig sollte ziviler Ungehorsam, der wirkmächtig sein will, auch vermittelbar und um das Erlangen gesellschaftlicher Mehrheiten bemüht sein. Hier besteht bei einigen Aktionsformen Grund zur Debatte mit den Aktivist*innen. Diese darf aber nicht mit Schaum vorm Mund und mit Drohungen von Gefängnisstrafen, sondern muss in Achtung der Dringlichkeit der Klimakrise geführt werden. Die Klimabewegung hat es in den letzten Jahren geschafft, den politischen und öffentlichen Diskurs zu verändern. Hieran wollen wir anknüpfen, um Mehrheiten für Klimaschutz in der Konsequenz zu gewinnen, wie sie mittlerweile nötig ist. Dies wird viel gesellschaftlichen Zusammenhalt brauchen. Politik, Medien und Zivilgesellschaft sollten ihre Kraft sammeln, statt mit Polarisierung zu spalten.
[...]"
Quelle: Greenpeace Deutschland, 14.11.2022,
https://www.greenpeace.de/ueber-uns/leitbild/erklaerung-debatte-kriminalisierung-klimaprotesten
Letzte Generation ist nicht kriminell
Die Aktivisten von "Last Generation" sind für mich keine Kriminellen. Auch wenn ich weiß, dass sie möglicherweise meinen Urlaub verderben könnten, wenn ich meinen Flug wegen ihnen verpasse.
Ich überprüfe immer, ob Straßen oder Flughäfen gesperrt sind, wenn ich wichtige Termine habe oder einen Flug antreten muss.
Es ist ärgerlich, was sie tun. Aber es ist noch viel schlimmer, wenn niemand etwas unternimmt.
Zwei Dimensionen
Die Bezeichnung "kriminell" hat hier zwei unterschiedliche Dimensionen:
- kriminelle Tat:
Wenn eine Aktion zu Straftaten führt, so sind das kriminelle Taten. Die Gesetze müssen für alle Menschen gleich angewendet werden, das ist ein wichtiges Grundprinzip. - kriminelle Organisation:
Das wäre eine Organisation, die das Begehen von Straftaten als ein wesentliches Ziel betrachtet, kurz gesagt "organisierte Kriminalität". Von diesen sollte man die "Letzte Generation" (und ähnliche Organisationen) abgrenzen.
Studienergebnis: Klimabewegungen verlieren Zustimmung.
In einer repräsentativen Studie der Organisation "More in Common" wurde die Meinung der Menschen in Deutschland über die Klimabewegungen untersucht, im Vergleich von 2021 und 2023.
Ergebnis: Die Zustimmung ist überraschend stark zurückgegangen.
2021 ⇒ 2023
Fragestellung: Die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland...
- hat grundsätzlich meine Unterstützung.
68 % ⇒ 34 % - hat das Wohl der gesamten Gesellschaft im Blick.
60 % ⇒ 25 % - ist offen dafür, dass Leute wie ich bei ihr mitmachen.
63 % ⇒ 29 % - spricht eine gut verständliche Sprache.
65 % ⇒ 28 % - geht häufig mit ihren Protestaktionen zu weit.
52 % ⇒ 85 %
Zusätzlich wurde die Akzeptanz der Straßenblockaden im Vergleich zu einigen anderen Protestformen (aus anderen Kontexten) erfragt.
2023: 'eher ja' — 'eher nein'
Fragestellung: Haben Sie Verständnis für...
- Straßenblockaden der Letzten Generation?
8 % — 85 % - Demonstrationen gegen deutsche Ukraine-Politik?
21 % — 50 % - Streiks im Verkehrssektor?
43 % — 38 %
(Rest jeweils unentschieden)
Demnach hat also der weit überwiegende Teil der Menschen kein Verständnis für die Blockaden. Die Menschen empfangen als Botschaft, dass die Organisation ihnen offensichtlich schaden will.
Sicherlich sind die Aktionen der Letzten Generation nicht der einzige Grund für die in der letzten Zeit beobachtete Verstärkung der Ablehnung gegenüber den Klimabewegungen. Zum Beispiel hatte Fridays for Future zu Beginn einen ziemlichen Medienhype, der natürlich zu den guten Zahlen von 2021 beigetragen hat. Es ist völlig normal, dass sich diese Popularität später etwas abgenutzt hat.
Aber wie dem auch sei: Um dem Klima zu nützen, muss man vor allem die Zustimmung der Menschen zurückgewinnen. Die Menschen müssen die Klimabewegungen wieder als einen nützlichen Teil der Gesellschaft wahrnehmen, der alle zusammen vor einem Schaden bewahren will. Nur dann kann sich das gemeinschaftliche Handeln in die notwendige Richtung entwickeln.
Bemerkung: Die Zahlen sind zusammengefasst aus mehrstufigen Bewertungsskalen. Detailanalysen und Erläuterungen zur Methodik gibt es in den Veröffentlichungen zur Studie.
Fridays for Future ...
... macht derweil mit politischen Statements zum Nahostkonflikt auf sich aufmerksam, die nicht das Klima betreffen und die zu heftigen Kontroversen innerhalb und außerhalb der Bewegung führen (bis hin zum Vorwurf des Antisemitismus).
Dieses Verhalten wird FFF (und den Klimabewegungen insgesamt) bestimmt nicht nützen, und vor allem nicht dem Klima.
"Letzte Generation" in Deutschland will ihre Strategie ändern.
Nach einem Tagesschau-Bericht (unter Berufung auf ein internes Strategie-Papier, das der Redaktion nach deren Angaben vorliegt) will die "Letzte Generation" in Deutschland ihre Strategie ändern. Demnach hätten die bisherigen Klebe-Blockaden nicht dazu geführt, dass die Bewegung "wachsen und die Bevölkerung sich zu großen Teilen mit den Zielen der Klimaschutzbewegung solidarisieren" würde (womit man offenbar tatsächlich gerechnet hatte).
Zur neuen Strategie sollen Aktionen gehören, bei denen die Aktivisten öffentliche Auftritte von Politikern stören und auf diese Weise eine öffentliche Wirkung erzielen wollen. Protestmärsche, Farbaktionen, und z.B. die Blockade von Flughäfen sind weiterhin möglich. Sabotageaktionen (wie z.B. gegen Infrastrukturen der Erdöl-Industrie) soll es nicht mehr geben.
Quelle:
https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/letztegeneration-strategie-100.html
neue Strategie
In einem Blogbeitrag hat die Letzte Generation jetzt ihre neue Strategie verkündet: Straßenblockaden mit Festkleben soll es nicht mehr geben. Die wichtigste Protestform sollen nun "ungehorsame Versammlungen" sein (noch nicht genauer erklärt). Man strebt dabei die Mobilisierung vieler Menschen an. Desweiteren will man z.B. Verantwortliche öffentlich zur Rede stellen, und auch weiter an "Orten der fossilen Zerstörung" (wie Flughäfen und Erdölanlagen) protestieren.
"Ungehorsame Versammlungen"
Die ersten "ungehorsamen Versammlungen" sind jetzt für den 16. März 2024 um 12:00 Uhr in mehreren Städten angekündigt worden. Man wird dann auch sehen, was damit eigentlich gemeint ist.
Nach bisherigen, allerdings uneinheitlichen Äußerungen von Mitgliedern können evtl. auch wieder Straßenblockaden möglich sein, neben anderen Dingen die das öffentliche Leben stören. Die Wirkung soll jetzt aber durch große Teilnehmerzahlen erzielt werden, nicht durch individuelle Sachen wie das Festkleben. Mit "Ungehorsam" ist offenbar das gezielte Missachten von Gesetzen gemeint, in diesem Fall betrifft das vielleicht die Regeln zum Versammlungs- und Demonstrationsrecht.
Aktuelle Meldungen ...
... sprechen von Sitzblockaden und (nicht angemeldeten) Demos auf Straßen, Kreuzungen und Brücken. Ohne Klebstoff und ohne Gewaltpotential.
In meinen Augen sind die Protestformen, bei denen sie sich auf die Straße kleben oder Kulturgüter beschädigen, von Nachteil für das Anliegen.
Wenn ich etwas ändern will, muss ich für Zustimmung werben und einen Dialog führen. Hier geschieht genau das Gegenteil: Es wird absichtlich Ablehnung provoziert, und die Absolutheit der Standpunkte steht dem Dialog im Weg.
In der Folge gelangen viele Menschen zu der Auffassung, Klimaschutz sei eine Angelegenheit von radikalen Spinnern. Das ist eine schädliche Entwicklung, denn es verfestigen sich z.B. klimafeindliche Anschauungen bei Menschen, die zuvor nur diffuse Meinungen dazu hatten.
Starke Zustimmung erhalten die Klimakleber eigentlich nur von befreundeten Gruppen. Die müssen sie aber gar nicht überzeugen, sie stimmen ihnen ohnehin zu. An dieser Stelle erzeugen die Aktionen also keinen zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz. Es steigt lediglich das Ansehen der Akteure innerhalb des eigenen Umfeldes.