In vielen Ländern ist es irgendwie normal. Wie sehen die Europäer Verwandtenehe? Darf man in Deutschland seine Cousine heiraten? Wie sieht die deutsche Gesellschaft Verwandtenehe?
"Geplante" Cousinenheirat
In manchen Gesellschaften gab oder gibt es die geplante oder erzwungene Cousinenheirat (bzw. Kreuzcousinenheirat) teils über viele Generationen, die dazu dient eine Stammesgemeinschaft oder einen Familienverband zusammenzuhalten und abzugrenzen. Dieses Konzept spielt in der modernen europäischen Gesellschaft keine Rolle mehr.
Ergänzungen
Die Einschränkung auf "Kreuzcousinenheirat" (es heiraten die Kinder von Bruder und Schwester) ist eigentlich Quatsch. Zwar ist die "Parallelcousinenheirat" (die verschwisterten Eltern der Heiratenden sind vom gleichen Geschlecht) in einzelnen Traditionen noch näher am Inzest-Tabu. Aber speziell die "Parallelcousinenheirat väterlicherseits" (es heiraten die Kinder von zwei Brüdern) war in der Historie eine häufige Strategie zur Sicherung von Bestand und Besitz einer Familie. Man findet das z.B. auch bei europäischen Adelsfamilien vergangener Jahrhunderte.
Mit heutigen Wertevorstellungen und sozialen Verhaltensweisen passt das alles natürlich nicht zusammen. Unabhängig davon ist die Ehe in solchen Konstellationen legal, vorausgesetzt sie basiert auf dem eigenen Willen beider Ehepartner.
Verwandtenehe
Die Heirat im erweiterten Verwandtenkreis ist insgesamt gar nicht so selten, schon deshalb weil es innerhalb der Verwandtschaft viele Sozialkontakte und damit Möglichkeiten des Kennenlernens gibt.
Ein Aspekt hierbei ist natürlich die Frage, in welchem Maße die Menschen ihre Ehepartner selbst auswählen können, oder aber von Familienmitgliedern beeinflusst bzw. gezwungen werden. Im zweiten Fall ist der (nicht selbst gewählte) Partner viel häufiger aus dem Verwandtenkreis.
Wenn man den Ehepartner dagegen selbst auswählt, sind die Möglichkeiten umfangreicher (z.B. Freundeskreis, Kollegenkreis, Freizeitgestaltung, Zufallsbekanntschaften), so dass es mehr Alternativen gibt.
Die Beeinflussung der Partnerwahl durch Eltern und andere Familienmitglieder war in traditionellen Gesellschaften auch in Europa sehr verbreitet und wirkt bis heute nach. Der Trend ist jedoch eindeutig die Selbstständigkeit der heranwachsenden/erwachsenen Kinder auch auf diesem Gebiet.
Verbotene Zwangsheirat
Es ist übrigens heute nach § 237 StGB bei Strafe verboten, jemanden (auch das eigene Kind) gegen seinen Willen zu einer Heirat zu nötigen. Desweiteren kann eine solche Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB zivilrechtlich annulliert werden.
Genetisches Risiko
Für die Kinder aus einer solchen Verbindung gibt es ein erhöhtes Risiko für Probleme, die auf Gendefekten beruhen. Das kommt daher, dass die Genome der Eltern ähnlicher sind als bei Nichtverwandten, so dass die Wahrscheinlichkeit für das Zusammentreffen gleichartiger Defekte höher ist.
Die Folge können z.B. genetisch bedingte chronische Krankheiten sein, auch Fehlbildungen oder Behinderungen, sowie embryonale Entwicklungsstörungen mit der Gefahr von Fehlgeburten. Wohlgemerkt ist nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, es entsteht keine Zwangsläufigkeit.
Ärzte empfehlen solchen Paaren eine genetische Beratung. Aber das ist natürlich ein problematischer Punkt.
Wie sieht die deutsche Gesellschaft die Verwandtenehe?
Ich weiß nicht ob man das so verallgemeinern kann, aber nach meiner Beobachtung wird die Verwandtenehe von den Menschen heute in Deutschland als eine spezielle Erscheinung bei Migranten empfunden. Und zwar oft in einer negativen Weise, im Sinne von Rückständigkeit und mangelnder Integration.
In Deutschland ist eine Ehe nur verboten zwischen Geschwistern und Halbgeschwistern, und zwischen Verwandten gerader Linie (Elternteil-Kind-Enkel...). Dabei zählt sowohl biologische Abstammung als auch Adoption.
Cousins/Cousinen dürfen also heiraten, ebenso z.B. Stiefgeschwister, oder verschwägerte Personen nach Scheidung.