Wie gut kennst du Deutschland? Teste dich!


Hast du Fragen über das Leben in Deutschland/Europa, deutsche Sprache, Einbürgerung, Bildung, Arbeit uä?
Du kannst auch ohne Anmeldung anonym-unverbindlich eine Frage stellen.

Ist dieser Satz richtig? (aus Focus-News)

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am

"Schlimm genug für die junge Frau, die vermutlich ihr Leben lang unter den psychischen Folgen dieser abstoßenden Tat wird leiden müssen. "

Sollte hier nicht "wird" am Ende sein? zB: Schlimm genug für die junge Frau, die vermutlich ihr Leben lang unter den psychischen Folgen dieser abstoßenden Tat leiden müssen wird.

 

News-Quelle: https://www.focus.de/regional/muenchen/junge-muenchnerin-in-eigener-wohnung-ueberfallen-internet-kommentare-zu-vergewaltigungsfall-zeigen-gesellschaftliches-problem_id_9229941.html

Die besondere Wortstellung soll hier eine stärkere Betonung bewirken.

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am So., 15. Juli 2018 - 23:07

Können Sie ein anderes Beispiel geben bitte, wie man den Platz von Verb so ändern kann?

Wir haben als strikter Regel gelernt, dass das Verb oder Hilfsverb immer am Ende sein muss. 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Do., 19. Juli 2018 - 03:19

Gast schrieb:

> ...  Wir haben als strikter Regel gelernt, dass das Verb oder Hilfsverb immer am Ende sein muss. 

Das gilt keinesfalls für jeden Satz. Ein ganz normaler, einfacher Hauptsatz hat die Struktur "Subjekt Verb Objekt".

Vielleicht ist die Regel nur für Relativsätze gemeint. Da kann sie sinnvoll sein. Aber der Satz aus dem Focus verstößt gar nicht gegen diese Regel. In beiden Varianten stehen am Ende drei Verben (werden, leiden, müssen). Ganz am Ende steht entweder das Hilfsverb (werden, konjugiert) oder das Modalverb (müssen, Infinitiv), aber niemals das Vollverb (leiden, Infinitiv).

Zusätzlich kann man hier auch auf die Regeln zur Bildung des Futur 1 schauen. Dazu machen wir erst einmal aus dem Nebensatz einen Hauptsatz im Präsenz:

  • Sie muss ... leiden.

Jetzt machen wir Futur 1 daraus, indem wir das Hilfsverb "werden" in konjugierter Form einsetzen. Das bisherige Prädikat (welches hier aus zwei Verben besteht) wird dabei zum Infinitiv und rutscht ans Ende:

  • Sie wird ... leiden müssen.

Wenn ich daraus auf konservative Weise einen Relativsatz bilde, steht das konjugierte Hilfsverb tatsächlich hinter den Infinitiven:

  • ..., die ... leiden müssen wird.

Hier stehen ein Modalverb und ein Hilfsverb direkt hintereinander. Das klingt etwas holprig. Bei der veränderten Form steht das Vollverb zwiischen den Beiden. Das Ergebnis klingt prägnanter:

  • ..., die ... wird leiden müssen.

Ich weiß aber nicht, ob es dafür eine direkte Regel gibt.

 

> ... Können Sie ein anderes Beispiel geben bitte, wie man den Platz von Verb so ändern kann?

Manche solchen Konstruktionen klingen für mich richtig, andere falsch. Wie schon gesagt kenne ich keine eindeutige Regel dafür. Es hat vielleicht wirklich damit zu tun, dass weder zwei Hilfs- oder Modalverben noch zwei Vollverben direkt hintereinander stehen sollen.

  • Die Uni verabschiedet Studenten, die bald als Ingenieure arbeiten können werden. ⇒ Geht so
  • Die Uni verabschiedet Studenten, die bald als Ingenieure werden arbeiten können. ⇒ Besser
  • Er ist außer Atem, weil er nach dem Bus rennen müssen hat. ⇒ Nicht gut
  • Er ist außer Atem, weil er nach dem Bus hat rennen müssen. ⇒ Gut
  • Ich sehe Schüler, die wegen "Hitzefrei" baden gehen können. ⇒ Gut
  • Ich sehe Schüler, die wegen "Hitzefrei" können baden gehen. ⇒ Schlecht

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Do., 19. Juli 2018 - 16:48

Antwort auf von Gast (nicht überprüft)

Gast schrieb:

> ... dass weder zwei Hilfs- oder Modalverben noch zwei Vollverben direkt hintereinander stehen sollen. ...

Dass zwei Hilfs- oder Modalverben nicht hintereinander stehen sollen, klingt plausibel.

Dass zwei Vollverben nicht hintereinander stehen sollen, ist wahrscheinlich Quatsch.

 

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Sa., 21. Juli 2018 - 10:27

Antwort auf von Gast (nicht überprüft)

Die richtige Regel geht so:

Wenn eine Verbgruppe zwei (oder mehr) Infinitive enthält, die vom Hilfsverb 'werden' abhängig sind, kann das finite Hilfsverb im Nebensatz vor die Infinitive treten oder gemäß der allgemeinen Regel ganz am Schluss stehen.

Das ist eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, dass im Nebensatz das finite Verb immer ganz am Schluss stehen muss. Außerdem ist es allerfeinstes Bürokratendeutsch und einigermaßen unverständlich. Deshalb ein paar Beispiele.

In einem einfachen Nebensatz mit nur einem Verb steht dieses Verb ganz am Ende:

  • Ich sehe den Arzt, der den Kranken behandelt.

Das Verb erscheint gebeugt (konjugiert, finit), um die Person und die Zeitform auszudrücken. In einem Hauptsatz würde es weiter vorn stehen: Der Arzt behandelt den Kranken. Das ist also ein Unterschied zwischen Hauptsatz und Nebensatz.

Nun kann es passieren, dass der Nebensatz mehrere Verben enthält. Normalerweise ist dann nur eines gebeugt, und die anderen stehen im Infinitiv. Nach der allgemeinen Regel gehört jetzt das gebeugte Verb ganz ans Ende:

  • Nachher kommt der Arzt, der den Kranken behandeln soll.
  • Ich mache die Führerscheinprüfung, weil ich mit dem Auto fahren dürfen will.

Eine Regel kann natürlich nur dann so richtig stolz auf sich sein, wenn sie auch ein paar schöne Ausnahmen hat. Das sind hier vor allem bestimmte Konstruktionen mit den Hilfsverben 'haben' und 'werden'. Dann darf oder muss das gebeugte Verb vor die anderen Verben rutschen.

Bei Nebensätzen mit einer gebeugten Form von 'werden' und mindestens zwei zusätzlichen Infinitiven ist beides erlaubt:

  • Der Arzt hatte schon vorher geahnt, dass er den Kranken behandeln können wird.
  • Der Arzt hatte schon vorher geahnt, dass er den Kranken wird behandeln können.
  • Ich bin schon ganz aufgeregt, weil ich spätestens nächste Woche mit dem Auto fahren dürfen werde.
  • Ich bin schon ganz aufgeregt, weil ich spätestens nächste Woche mit dem Auto werde fahren dürfen.

Die jeweils zweite Variante klingt etwas flüssiger und "moderner". Das hängt vielleicht mit der gegenwärtigen Mode zusammen, in allen möglichen Nebensätzen die Wortstellung regelwidrig umzudrehen (Ich stürme zum Kühlschrank, weil mich plagt ein fürchterlicher Hunger).

Übrigens wäre ich gerne in den Süden geflogen, weil ich da im Meer schwimmen gekonnt haben würde. Oder weil ich da würde schwimmen gekonnt haben. Oder so ähnlich.  ;-)

 

 

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Sa., 16. Februar 2019 - 01:38

Mit diesen Regeln lassen sich auch die anderen Beispiele in Ordnung bringen.

 

  • Die Uni verabschiedet Studenten, die bald als Ingenieure arbeiten können werden. ⇒ Richtig
  • Die Uni verabschiedet Studenten, die bald als Ingenieure werden arbeiten können. ⇒ Richtig

Regel: "Wenn eine Verbgruppe zwei (oder mehr) Infinitive enthält, die vom Hilfsverb 'werden' abhängig sind, kann das finite Hilfsverb im Nebensatz vor die Infinitive treten oder gemäß der allgemeinen Regel ganz am Schluss stehen."
(Bemerkung: 'werden' steht in diesem Satz nicht als Infinitiv, sondern als 3. Person Plural).

 

  • Er ist außer Atem, weil er nach dem Bus rennen müssen hat. ⇒ Falsch
  • Er ist außer Atem, weil er nach dem Bus hat rennen müssen. ⇒ Richtig
  • Er ist außer Atem, weil er nach dem Bus rennen gemusst hat. ⇒ Richtig (Partizip statt Ersatzinfinitiv)

Regel: "Wenn eine Verbgruppe einen Ersatzinfinitiv eines Modalverbs enthält und dieser Ersatzinfinitiv vom Hilfsverb 'haben' abhängig ist, wird das finite Hilfsverb vor die Verbgruppe gestellt, obwohl es nach der allgemeinen Regel in einem Nebensatz am Schluss stehen müsste."

 

  • Ich sehe Schüler, die wegen "Hitzefrei" baden gehen können. ⇒ Richtig
  • Ich sehe Schüler, die wegen "Hitzefrei" können baden gehen. ⇒ Falsch

Hier gilt keine dieser speziellen Regeln, denn das finite Verb ist weder 'werden' noch 'haben', sondern 'können'. (Bemerkung: 'können' steht in diesem Satz nicht als Infinitiv, sondern als 3. Person Plural). Nach der allgemeinen Regel gehört das finite Verb im Nebensatz stets ganz ans Ende.

 

  • Sie hatte keine Zeit, weil sie den Brief hat schreiben helfen. ⇒ Richtig
  • Sie hatte keine Zeit, weil sie den Brief schreiben helfen hat. ⇒ Falsch
  • Sie hatte keine Zeit, weil sie den Brief schreiben geholfen hat. ⇒ Richtig (Partizip statt Ersatzinfinitiv)
  • Sie hatte kaum noch Geld, weil sie ihre Haare hat machen lassen. ⇒ Richtig
  • Sie hatte kaum noch Geld, weil sie ihre Haare machen lassen hat. ⇒ Richtig (aber seltener)
  • Sie hatte kaum noch Geld, weil sie ihre Haare machen gelassen hat. ⇒ Richtig (Partizip statt Ersatzinfinitiv)

Regel: "Wenn eine Verbgruppe einen Ersatzinfinitiv von 'heißen', 'lassen', 'helfen', 'sehen', 'fühlen', 'hören' enthält und dieser Ersatzinfinitiv vom Hilfsverb 'haben' abhängig ist, wird das finite Hilfsverb im Nebensatz in der Regel vor die Verbgruppe gestellt. Zumindest bei 'lassen', 'sehen', 'fühlen', 'hören' gilt aber die Endstellung des finiten Hilfsverbs auch als korrekt."

Furchtbare Regeln ...

 

Neuen Kommentar hinzufügen

E-Mail Adresse wird geschützt.
Sie können ein oder mehrere Bilder einfügen. Thumbnails werden automatisch erstellt und Bilder werden in einer Galerie-Ansicht angezeigt.
Anforderungen zum Hochladen
Anforderungen zum Hochladen
  1. Gut genug formulieren: Schreiben Sie mehr als einen Satz, und bleiben Sie sachlich!
     
  2. Lesbarkeit ist sehr wichtig: Achten Sie auf Klein- & Großschreibung!
    (Lange Texte unbedingt in Absätze gliedern.)
     
  3. Niveau: Keine Beleidigungen, Hass-Sprüche, Angriff auf Person!
     
  4. Kein Spam, Linkdrop, Werbetexte, Werbeartikel usw.
     
  5. Copyright: Kopieren Sie keine unerlaubten Texte oder Bilder von anderen Webseiten!
     
  6. Auf Deutsch sollten Sie schreiben, sonst verstehen die anderen es nicht!
    Englisch ist nur im englischen Bereich oder Sprachforum erlaubt.
     
  7. Anonym bleiben können Sie schon, aber Sie müssen es nicht unbedingt. Sie können sich registrieren oder Ihren Namen hinterlassen. Beiträge mit Namen werden öfter beantwortet.
     
  8. Links vermeiden, solange sie nicht unbedingt nötig sind. Schreiben Sie lieber eine kurze Zusammenfassung statt Links zu teilen.