Guten Abend,
am 29.11.2021 stand die Ampel den neuen Koalitionsvertrag.
Wir schaffen ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. Dafür werden wir die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglichen und den Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfachen. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll nach drei Jahren erworben werden können. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern werden mit ihrer Geburt deutsche Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Für zukünftige Generationen prüfen wir, wie sich ausländische Staatsbürgerschaften nicht über Generationen vererben.
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf
Seite 118.
Die Fristen der Einbürgerung bzw. der Niederlassungserlaubnis sind deutlich kürzer. Ab wann tritt er in Kraft?
Ich bedanke mich im voraus.
Schöne Grüße.
Danke
Herzlichen Dank für deinen Hinweis. Ich habe nochmals den Ablauf nachgelesen.
Nächster Schritt
Nach übereinstimmenden Presseberichten hat das Bundesinnenministerium jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die wichtigsten Punkte sollen sein:
- Verkürzung der Frist für den Einbürgerungsanspruch von acht auf fünf Jahre (mit besonderen Integrationsleistungen drei Jahre).
- Generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit, d.h. niemand soll seine bisherige Staatsbürgerschaft mehr aufgeben müssen.
- Erleichterungen für Senioren bei Sprachnachweis und Einbürgerungstest.
- Wegfall der Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern, d.h. sie können ggf. beide Staatsbürgerschaften behalten.
- Wegfall der Voraussetzung "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse". Stattdessen eine konkretere Formulierung, die eine Einbürgerung für Menschen mit mehreren (gleichzeitigen) Ehepartnern verbietet.
Wie geht es weiter? Der Entwurf geht jetzt zu den anderen Ministerien, die ihn prüfen und ihre Meinung sagen sollen. Da die Ministerien von verschiedenen Parteien der Koalition geleitet werden, kann es dabei natürlich Streit geben, und zum Schluss hoffentlich Kompromisse.
Der entsprechend geänderte Entwurf kann dann vom Bundestag diskutiert werden. Das kann mehrmals geschehen, und Änderungen sind möglich. Außerdem ist es möglich, dass sich manche Ausschüsse des Bundestags zwischendurch in kleinerer Runde damit befassen.
Eines Tages wird es dann im Bundestag eine Abstimmung geben. Die Regierungsparteien haben eine Mehrheit und können es beschließen, vorausgesetzt die Regierung bleibt bis dahin stabil.
Die Oppositionsparteien mit Ausnahme der Linken haben übrigens schon lautstark ihre Ablehnung verkündet. Gerade die hohen Vertreter von CDU und CSU haben in den letzten Tagen sehr dagegen gewettert.
Möglicherweise muss das Gesetz dann auch noch in den Bundesrat. Dort sind die Mehrheitsverhältnisse anders und können sich bis dahin auch noch ändern, aber im Moment sieht es eigentlich ganz gut aus.
Alles das wird natürlich Zeit brauchen.
Veröffentlichung
Es gibt jetzt einen → veröffentlichten Entwurf. Um dieses Kauderwelsch lesen zu können, muss man aber das → bisherige Gesetz daneben legen.
Interessant für die Einbürgerung sind vor allem die Paragrafen 8 bis 12b, sowie der neue Paragraf 32b.
Bis zum Beschluss durch den Bundestag kann es natürlich Änderungen geben, und es wird noch Zeit ins Land gehen.
Nächster Schritt
Der Entwurf der Bundesregierung liegt gerade beim Bundesrat zur Stellungnahme. Die Frist dafür geht bis zum 20. Oktober 2023. Danach könnte es theoretisch im Bundestag weitergehen. Es könnte aber auch sein, dass die Bundesregierung den Entwurf zunächst auf Grund von Einwänden des Bundesrates modifizieren wird.
Erste Lesung
Am 30.11.2023 ist der aktuelle Entwurf des Gesetzes erstmals im Bundestag diskutiert worden. Man nennt das die "erste Lesung". Es gab eine kontroverse Debatte ohne wesentliche Ergebnisse. Als nächstes wird in einem Ausschuss über das Gesetz beraten werden.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw48-de-staatsangehoerigkeitsrecht-979630
Vorläufiger Name des Gesetzes: "Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG)"
Es gibt zwar Menschen in…
Es gibt zwar Menschen in Deutschland, die zwei Staatsangehörigkeiten haben, doch handelt es sich dabei um die Ausnahme. Diese Menschen sind aus verschiedenen Gründen in den Genuss der zugelassen Ausnahmen im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) gekommen: Weil sie z.B. EU-Bürger sind oder aus der Schweiz kommen oder zu einem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, wo sie noch ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten durften. Ansonsten gilt der Grundsatz: Wenn man die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben möchte, muss man seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben. Doch damit soll nun – aufgrund des neuen Einbürgerungsgesetzes – Schluss sein.
Einen Artikel zur doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland mit den Neuerungen ab 2024 findet man hier:
In Kraft treten wird das Gesetz voraussichtlich im Frühjahr 2024.
Es geht weiter.
Am Freitag, dem 19.01.2023 ist jetzt die zweite und dritte Lesung im Bundestag und auch die Abstimmung vorgesehen.
Angenommen.
Das Gesetz wurde heute im Bundestag mit einfacher Mehrheit angenommen. Es soll "drei Monate nach Verkündung" in Kraft treten. Bis zu dieser Verkündung kann es noch ein paar Tage dauern.
Verkündung
Das Gesetz ist am 26.03.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Es soll drei Monate später in Kraft treten. Das wäre also Ende Juni 2024.
Übergangsregeln
Aus einer FAQ des Bundesinnenministeriums, aus dem Gesetz selbst und aus einigen anderen Beiträgen ergibt sich dieses:
- Laufende Anträge werden vor dem Inkrafttreten des Gesetzes (27.06.2024) noch nach dem alten Recht entschieden.
- Wer den Antrag schon laufen hat und das neue Recht nutzen will, kann bei der Behörde "das Ruhen des Verfahrens anregen" (keine Garantie).
- Wer eine Einbürgerungszusicherung hat (d.h. er hat alle anderen Bedingungen erfüllt und muss nur noch die alte Staatsbürgerschaft abgeben), könnte nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vermutlich die Einbürgerung verlangen, ohne dass er die alte Staatsbürgerschaft abgegeben hat (vorausgesetzt die Zusicherung ist noch gültig). [unsichere Quellen]
- Für Anträge, die bis zum 23. August 2023 gestellt wurden, kann auch später noch die alte Regel zu den Sozialleistungen angewendet werden (betrifft § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 StAG). Diese Regel ist im neuen Recht nämlich strenger geworden.
- Wer seine alte Staatsbürgerschaft wegen der Einbürgerung schon abgegeben hatte und jetzt wiederhaben will, muss das mit den Behörden dieses Landes klären.
- Ein Deutscher, der eine andere Staatsbürgerschaft (eines Nicht-EU-Landes) beantragen will, sollte entweder bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes warten, oder (wie bisher) eine deutsche "Beibehaltungsgenehmigung" beantragen. Die deutsche Staatsbürgerschaft würde sonst entsprechend dem alten Recht verloren gehen.
Es ist soweit.
Am 27.06.2024 werden/wurden die Änderungen des StAG wirksam.
Beiliegend eine INOFFIZIELLE Lesefassung mit Änderungsverfolgung.
Wichtigste Unterschiede:
- Die Anspruchseinbürgerung gibt es jetzt nach fünf Jahren (bisher acht).
- Das Aufgeben der anderen Staatsbürgerschaft(en) wird nicht mehr verlangt.
- Damit entfallen auch die bisherigen Ausnahmeregeln, die Optionspflicht bei Nachkommen, sowie der automatische Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft wenn man ohne Beibehaltungsgenehmigung eine andere annimmt.
- Statt "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" heißt es jetzt konkreter, dass man nicht eingebürgert werden kann, wenn man mit mehreren Partnern verheiratet ist,
- oder wenn man anderweitig erkennen lässt, dass man die Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet.
- Die Verkürzung um ein Jahr durch den Nachweis eines Integrationskurses gibt es nicht mehr.
- Die Verkürzung um "bis zu" zwei Jahre (also bis hinab zu drei Jahren) erfordert jetzt konkret: besondere Integrationsleistungen und Sicherung des Lebensunterhalts und Sprachprüfung C1.
- Der Bezug von Sozialleistungen verhindert die Anspruchseinbürgerung jetzt auch, wenn man ihn "nicht selbst zu vertreten hat" (d.h. die Ausnahme ist entfallen).
- Das "Demokratiebekenntnis" enthält jetzt konkrete Aussagen zum Schutz jüdischen Lebens, zum Verbot von Angriffskriegen, und einiges mehr.
- Für die früheren "Gastarbeiter" (in der DDR: "Vertragsarbeiter") gibt es ein paar Erleichterungen bei der Einbürgerung.
- Der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft ist jetzt neu formuliert, wichtige Punkte bleiben aber: die Teilnahme an Kämpfen terroristischer Vereinigungen, der freiwillige Eintritt in ausländische Streitkräfte (außer Verbündete), der freiwillige Verzicht auf die Staatsbürgerschaft, und die Rücknahme der Einbürgerung bei Rechtswidrigkeit.
- Die Bagatellgrenze bei Verurteilungen (wie bisher Geldstrafe bis 90 Tagessätze oder Bewährungsstrafe bis drei Monate) gilt nicht bei antisemitischen, rassistischen und menschenverachtenden Taten.
- Die Einbürgerungsbehörde darf und soll über den Antragsteller umfangreiche Daten von zahlreichen Bundes- und Landesbehörden anfordern.
ALLES OHNE GEWÄHR!
Kleine Ungenauigkeiten
Die inoffizielle Fassung mit den farbigen Markierungen hat tatsächlich Ungenauigkeiten. Die exakte Fassung ist hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/stag/BJNR005830913.html
Darstellung der Bundesregierung
Auf dieser Webseite des Bundesinnenministeriums findet man unten (unter "Modernisierung ...") eine Erörterung der wichtigsten Neuerungen.
Absichten der CDU
Der CDU-Generalsekretär Linnemann sagte kürzlich in einem Zeitungsinterview über den (durchaus wahrscheinlichen) Fall, dass die nächste Bundesregierung von der Union geführt wird:
„Dann werden wir das Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel zurücknehmen“.
Insbesondere will die CDU die verkürzten Fristen wieder verlängern, und zusätzliche Hürden einführen (die Rede war recht unscharf von "erkennbaren Integrationsleistungen").
Der CDU-Vorsitzende und mutmaßliche Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte vor ein paar Monaten an anderer Stelle zum gleichen Thema, "die von der Bundesregierung beschlossenen erleichterten Einbürgerungen müssten umgehend beendet und doppelte Staatsangehörigkeiten grundsätzlich vermieden werden".
Es kann also passieren, dass die in diesem Jahr eingeführten erleichterten Regeln der Einbürgerung im nächsten oder übernächsten Jahr wieder verschärft werden.
Der Koalitionsvertrag ist eine Absichtserklärung der Regierungsparteien, kein Gesetz. Sie müssen jetzt erst einmal einen Gesetzentwurf erarbeiten und im Bundestag bis zum Beschluss bringen. Das kann jahrelang dauern, und es gibt viele Stellen an denen es schief gehen kann. Vermutlich müsste dann auch noch der Bundesrat zustimmen.